Standalone-Autoguider: der einfache Weg zu guten Astrofotos?
Ohne Laptop und Kabelgewirr zu guten Astrofotos: das versprechen Standalone-Autoguider. Wir haben zwei Modelle getestet.
Andromedagalaxie, Plejaden oder den Herkuleshaufen: Jeder von uns bewundert schöne Astrofotos. Besonders wenn sie durch ihre langen Belichtungszeiten eine reizvolle Tiefe im Weltraum widerspiegeln, die wir mit dem bloßen Auge niemals sehen würden.
Eines haben diese Aufnahmen gemeinsam: Sie entstanden mit einem perfekt nachgeführten Teleskop. Denn eine perfekte Nachführung ist die erste Voraussetzung für den Erfolg.
In diesem Artikel erfahren Sie:
- wie Sie Deep-Sky-Fotografie schon während der Aufnahme professionell anpacken
- wie sich normale Autoguider und Standalone-Autoguider unterscheiden
- wie sich Lacerta MGEN und StarAid Revolution in unserem Test schlagen
Der Artikel ist etwas für Sie, wenn Sie:
- Ihre DSLR-Kamera für den Sternenhimmel verwenden wollen
- als Einsteiger intensiv mit der Astrofotografie durchstarten wollen
- Ihre Technik auf die unbedingt notwendigen Dinge reduzieren wollen
Warum brauchen Sie einen Autoguider und was sind die Unterschiede?
Keine Montierung arbeitet über einen längeren Zeitpunkt genau, selbst wenn Sie diese exakt eingenordet haben. Der Grund sind Toleranzen im Schneckenantrieb, die zu periodischen Abweichungen führen. Deshalb müssen Sie eine Aufnahme mit mehreren Minuten Belichtungszeit korrigieren.
Früher machte man das manuell: Man sorgte dafür, dass ein Leitstern im Fadenkreuzokular zentriert blieb. Mit digitaler Fotografie müssen wir jedoch präziser und möglichst pixelgenau nachführen. Chuck Norris kann das vielleicht mit dem kleinen Finger der linken Hand, während er mit der anderen eine Tasse Kaffee trinkt. Aber wir überlassen das lieber einem Autoguider.
Was ist das?
Es ist eine Kamera, die automatisch einen oder mehrere Leitsterne verfolgt. Bei einer Abweichung schickt die Kamera Korrekturbefehle an die Montierung. Als Ergebnis erhalten Sie ein perfekt nachgeführtes Astrofoto und punktförmige Sterne ohne Wischspuren.
Ist das wirklich so einfach?
Der Unterschied zwischen klassischen und Standalone-Autoguidern
Ja und nein. Klassische Autoguider brauchen einen Laptop, Kabel, eine Software und vielleicht noch einen zusätzlichen Tisch. Das ist viel Ausrüstung, die Sie mitschleppen und aufstellen müssen. Plus einen Kofferraum, den Sie randvoll mit Zubehör packen müssen. Wenn Sie mit einer Astrokamera fotografieren, ist dieser Aufwand nötig. Zwischen Computer und Montierung werden ständig Signale ausgetauscht.
Benutzen Sie aber eine DSLR- oder Systemkamera, können Sie den Aufwand minimieren. Zumindest etwas. Die Lösung ist ein Standalone-Autoguider. Sie brauchen keinen Laptop und sparen sich damit Ausrüstung. In der Nacht unter dem Sternenhimmel sollte alles praktisch und einfach sein.
Wir haben uns die Standalone-Autoguider Lacerta MGEN und StarAid Revolution in der Praxis angesehen. Welcher schneidet besser ab?
So sieht das Setup für die Astrofotografie mit Guiding aus
Damit ein Astrofoto mit langer Belichtung gelingt, brauchen Sie neben dem Teleskop spezielle Ausrüstung:
- Montierung mit GoTo-Steuerung und ST-4 Anschluss
- Guidescope oder Off-Axis-Guider
- Autoguider
- SLR- oder Systemkamera mit Kabelauslöser
- T-Ring und Adapter, um die Kamera an das Teleskop anzuschließen
- 5V Powerbank
Plus ein paar Schrauben, Schienen und natürlich das ganze andere Zubehör, das auch visuelle Beobachter benutzen: Astrostuhl, Rotlichtlampe, Sternkarte.
In einer klaren Nacht haben wir uns die beiden Autoguider mit dem Omegon apochromatischen Refraktor Pro APO 85/560 ED Triplet auf einer iOptron CEM26 LiteRoc Montierung an der Astroshop-Sternwarte angesehen.
So sieht unser Aufbau aus: Die iOptron-Montierung CEM26 mit dem 85mm Apochromaten und einem parallel montierten Omegon Guidescope auf einer 180mm Omegon-Prismenschiene mit Sucherschuh. Als Kamera benutzten wir eine Sony Apha 7 mit Verlängerungshülse und Novoflex T2/Sony Adapter.
Es ist also angerichtet, los geht’s.
1. Lacerta MGEN: Zauberkasten mit vielen Sternen
„Eine Box, um sie alle zu finden, in die Mitte zu treiben und ewig zu binden.“ Dieser Satz ist zwar ein wenig bei Herrn Tolkien ausgeliehen, aber genau das macht der Lacerta MGEN Standalone-Autoguider. Er findet nicht nur einen oder zwei, nein laut Hersteller bis zu 100 Sterne. Dadurch erreicht er eine genauere Nachführung als mit nur einem Stern. So sollte ein zauberhafter oder sagen wir lieber moderner Autoguider arbeiten.
Anschluss des Guiders
Der MGEN Autoguider besteht aus einer Kamera, einer separaten Handbox mit Display und Kabeln für Stromquelle und Guiding-Anschluss (ST4).
Der Anschluss der Kabel ist auf den ersten Blick nicht selbsterklärend und erinnert ein wenig an ein Rätsel. Also ein Fall für die drei Fragezeichen? Nicht ganz, denn spätestens wenn Sie die Anleitung zu Rate ziehen, wissen Sie, welches Kabel Sie wo anstecken müssen.
Sobald Sie den Guider mit Strom versorgen und die Kamera an das Guidescope ansetzen, kann es losgehen. Über den Reiter „Imaging“ können Sie den Live-View aktivieren und das Bild fokussieren. Beim Scharfstellen müssen Sie etwas experimentieren, denn erst kurz bevor Sie den Fokus erreichen, werden Sterne sichtbar. Wichtig zu wissen: Das ist ein normales Verhalten für Autoguider und sollte Sie nicht irritieren.
Danach gehen Sie auf den Reiter „One Push“ und aktivieren „Start Guiding“.
Guiding
Das Guiding startet nicht sofort. Der MGEN erfasst die Sterne und versucht, die Montierung auf die Abweichungen in den Achsen zu kalibrieren. Auf dem Display sehen Sie, dass die Kalibrierung gerade aktiv ist. Aufleuchtende Richtungspfeile auf dem Display zeigen an, welche Achse derzeit gemessen wird. Dieser Prozess dauerte bei uns etwa fünf Minuten. Wenn alles klappt, startet das Stern-Guiding automatisch. Bevor Sie fragen: Sie bekommen den Wechsel natürlich sofort mit, denn auf dem Infoscreen erkennen Sie jede Änderung.
In unserem Test zeigte der MGEN Autoguider eine starke Leistung. Die Leitsterne korrigierte er dauerhaft und zuverlässig. Durch ein Aufleuchten der Pfeile sehen Sie genau, welche Achse und welche Richtung aktuell korrigiert wird. Das vermittelt uns ein sicheres Gefühl, dass alles funktioniert. Auf Wunsch können Sie sich sogar einen Graphen beider Achsen anzeigen lassen. Sie sehen dann, wie hoch die Differenzen von der Ideallinie sind.
Unser persönlicher Eindruck
Aufgrund der vielen Kabel fanden wir das Setup etwas kompliziert. Die Menüführung war auf den ersten Blick nicht intuitiv und wir mussten zunächst lernen, wo sich die für uns wichtigen Funktionen verbergen. Im ersten Anlauf startete das Guiding nicht und wir mussten das Setup wiederholen. Das kostete Zeit.
Im Betrieb zeigte der MGEN eine sehr gute Leistung und der Guider hatte keinerlei Probleme, die iOptron CEM26 Montierung exakt nachzuführen und ein sauberes Foto mit punktförmigen Sternen zu liefern. Genau darauf kommt es an. Wer nachts nicht gerne mit dem Smartphone hantiert und eine Handbox vorzieht, den macht der MGEN mit Sicherheit glücklich.
2. StarAid Revolution: smartes Kerlchen mit Tricks
Der StarAid Revolution ist so etwas wie ein Top-Agent unter den Autoguidern. So einer mit einer Doppelnull, einer der in der hohen Liga spielt. Er hat eine Schwäche für schöne Montierungen und sich gleich mit unserer CEM26 angefreundet. Wie auch beim MGEN arbeitet er in seinem Berufsleben nicht allein, sondern bietet Multistar-Guiding an.
Anschluss des Guiders
Auch hier müssen Sie zuerst den Guider und die Montierung mit Kabeln verbinden. Die Kamera schließen Sie mit einem Ethernet-Kabel an einen Splitter an und an diesen das Guiding-Kabel und den Stromanschluss. Die Kamera stecken Sie in das Guidescope.
Den StarAid Autoguider steuern Sie mit Ihrem Smartphone. Sie verbinden sich einfach mit dessen W-LAN Netz und werden zu einer Weboberfläche geleitet. Nun sehen Sie mehrere Menüpunkte. Unter der Auswahl „Live View“ fokussieren Sie die Referenzsterne.
Guiding
Jetzt drücken Sie auf „Autoguiding“, worauf der Bildschirm „Calibrating“ erscheint und die Sternkalibrierung startet. Sie erkennen, wie viele Sterne kalibriert und welche Achsen aktuell vermessen werden. Danach startet automatisch das Autoguiding. Bei unserem Test hat das etwa ein bis zwei Minuten gedauert.
Dieses Bild zeigt den Aufbau für die Astrofotografie mit dem StarAid Revolution im Betrieb.
Zwei Graphen auf dem Smartphone-Display zeigen Ihnen den Fehler in der Bewegung an, wie man das auch von Programmen wie PHD-Guiding kennt. Sie können sogar einen genauen Blick darauf werfen und sich die Kurven in verschiedenen Zeitspannen anzeigen lassen. Zum Beispiel für die letzten zwei Sekunden oder die letzten zwei Minuten. Interessant ist auch die Funktion, sich die Abweichung in Pixeln anzusehen.
Möchten Sie zwischen zwei Aufnahmen an Ihrem Teleskop etwas verändern? Dann haben Sie die Chance, das Guiding zu pausieren und danach wieder zu starten, ohne dass der Guider davon irritiert ist.
Unser persönlicher Eindruck
Ein Standalone-Guider, der diese Bezeichnung auch verdient. Warum? Sie starten das Guiding zunächst über Ihr Smartphone. Doch wenn Sie alles eingestellt haben, arbeitet StarAid Revolution selbstständig - und braucht keine weitere Verbindung zum Smartphone. Einrichtung und Menüführung sind intuitiv, einfach und schnell.
Auch dieser Autoguider zeigte eine sehr gute Leistung und führte unsere Montierung präzise nach.
Zusätzliche Funktionen von MGEN und Revolution:
MGEN 3
- Einfache Poljustage über den Autoguider
- Dithering und Pixel-Binning-Möglichkeit
- Kamera-Steuerung (Adapterkabel von 3,5mm auf 2,5mm benötigt)
- Dark Frames zur Reduzierung von Hotpixeln der Kamera
StarAid
- Object-Guiding, um beispielsweise Kometen nachzuführen
- Einfache Poljustage über StarAid
- Dithering
- Kamera-Steuerung
Welcher soll es sein?
Standalone-Autoguider sind ein Segen für Fotografen mit SLR- und Systemkameras. Anders als bei einem normalen Autoguider brauchen Sie keinen Laptop und sparen sich zusätzliches Zubehör, weitere Kabel und separate Stromversorgung. Das macht die Astrofotografie einfacher.
Die Standalone-Autoguider Lacerta MGEN und StarAid Revolution haben uns beide überzeugt. Welcher ist der richtige? Kommt darauf an. Haben Sie ein Faible für unabhängige Technik mit eigener Box, dafür aber mehr Kabeln? Oder eher für Smartphones und eine kabellose Steuerung? Sie entscheiden, welches Gerät das Werkzeug für Ihr nächstes schönes Astrofoto sein darf.
Von uns verwendete Produkte
Autor: Marcus Schenk
Marcus ist Sterngucker, Content Creator und Buchautor. Seit 2006 hilft er Menschen, das richtige Teleskop zu finden - heute über Texte und Videos. In seinem Buch "Mein Weg zu den Sternen für dummies Junior" zeigt er jungen und junggebliebenen Leuten, was sie am Himmel entdecken können.
Als Kaffee-Junkie hätte er am liebsten seine Siebträger-Espressomaschine auch unter dem Sternenhimmel dabei.