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Mizar und Alkor – mehr als nur "Augenprüfer"

Gäbe es eine Rangliste der beliebtesten Himmelsobjekte, wäre der Stern Mizar im Großen Wagen sicherlich unter den Top Ten.

Wer den Stern Alkor (links) noch erkennen kann, dessen Augen sind noch gut. Mizar selbst ist ein System aus zwei Doppelsternen. Rolf Löhr Wer den Stern Alkor (links) noch erkennen kann, dessen Augen sind noch gut. Mizar selbst ist ein System aus zwei Doppelsternen. Rolf Löhr

Gäbe es eine Rangliste der beliebtesten Himmelsobjekte, dann wäre der Stern Mizar (oder ζ UMa) im Großen Wagen sicherlich unter den Top Ten. Mizar ist nicht nur leicht zu finden – die Deichsel des Wagens macht bei ihm einen signifikanten Knick – vor allem dient der zwei Magnituden helle Stern seit ewigen Zeiten als eine Art "Augenprüfer", der jedem Beobachter Auskunft über dessen Sehschärfe oder die Qualität seiner Augengläser gibt: Wer es schafft, mit bloßem Auge unmittelbar neben Mizar einen weiteren Stern, Alkor (oder im Volksmund das Reiterlein), zu erkennen, hat den Test bestanden und kann sich ausgezeichneter Sehkraft rühmen.

Binäre Doppelsternsysteme

Schon in der Antwerpener Ausgabe
vom Apians Cosmographia aus dem Jahr 1545 ist
Mizar mit seinem Begleiter zu erkennen. Albireo Verlag Schon in der Antwerpener Ausgabe vom Apians Cosmographia aus dem Jahr 1545 ist Mizar mit seinem Begleiter zu erkennen. Albireo Verlag

Doch Mizar bietet sehr viel mehr als nur eine optische Spielerei. Nimmt man ihn mit einem kleinen oder mittleren Teleskop bei geringer Vergrößerung (30× bis 50×) ins Visier, dann erscheint im Gesichtsfeld eine attraktive Formation mehrerer Sterne, in der Mizar und ca. zwölf Bogenminuten nordöstlich von ihm sein Begleiter Alkor dominieren.

Unschwer zu erkennen ist aber auch, dass Mizar nicht nur vom "Reiterlein" Alkor begleitet wird, sondern von einem schwachen Lichtpunkt, der von der hellen Komponente Mizars rund 14 Bogensekunden entfernt liegt. Das ungleiche Paar ist nicht nur hübsch anzusehen, sondern bildet ein binäres System – eine physikalische Verbindung zweier Sterne, die dem Stadtbeobachter nicht allzu häufig geboten wird. Unerkannt bleibt jedoch auch bei ausgezeichneten Lichtverhältnissen, dass Mizars Komponenten wiederum selbst spektroskopische Doppelsternsysteme bilden.

Ein Planet um Mizar?

Ob Mizar auch mit Alkor gravitativ verbunden ist, ist noch nicht abschließend geklärt, da man gegenwärtig noch von einer unterschiedlichen Distanz beider Sterne zur Erde ausgeht. Mizar soll 78, Alkor 81 Lichtjahre entfernt sein – eine Differenz, die angesichts der Fehleranfälligkeit kosmischer Entfernungsangaben keinen eindeutigen Schluss über die tatsächliche Verbindung zulässt. Geklärt ist hingegen, dass ein weiterer, recht schwacher Stern der 8. Größe, mit dem Alkor und Mizar ein gleichschenkliges Dreieck bilden, keine physikalische Verbindung mit diesen hat.

Der schwache Lichtpunkt ist von der Erde rund fünfmal so weit entfernt, kann aber mit einer schönen, historischen Anekdote aufwarten. So soll ihn der Gießener Mathematiker Johann Georg Liebknecht nach einer Beobachtung im Winter 1722 für einen Planeten Mizars gehalten und den Stern – getreu der damals üblichen Personifizierung von Himmelsentdeckungen – nach seinem Landesherrn Ludwig V., dem Landgrafen von Hessen-Darmstadt, "Sidus Ludoviciana" getauft haben. Liebknecht glaubte, eine Eigenbewegung des kleinen Sterns zu erkennen – ein bedauerlicher Irrtum. Ludwigs Stern sehen wir auch heute noch dort, wo ihn Liebknecht vor knapp 300 Jahren erblickt hat.

Auffindkarte von Mizar und Alkor im Großen Bären. J. Scholten Auffindkarte von Mizar und Alkor im Großen Bären. J. Scholten
Autor: Karl-Peter Julius / Lizenz: Oculum-Verlag GmbH