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Mond ohne alles

Sogar mit dem bloßen Auge lassen sich auf dem Mond Kraterregionen und Gebirgsketten entdecken. Das müssen Sie probiert haben!

Rolf Hempel Rolf Hempel

Mondbeobachtung mit dem bloßen Auge

Bei Vollmond sind die Meere, Hochländer und Strahlensysteme des Mondes im Gesamten sichtbar. Rolf Hempel Bei Vollmond sind die Meere, Hochländer und Strahlensysteme des Mondes im Gesamten sichtbar. Rolf Hempel

Der Mond ist ein beliebtes Beobachtungsziel, denn bereits in einem kleinen Teleskop sind eine Vielzahl von Mondformationen zu beobachten. Doch bereits das bloße Auge zeigt mehr als das bekannte Mondgesicht. Neben dunklen Mondmeeren und hellen Hochlandregionen sind auch Kraterregionen und Gebirgsketten zu erkennen.

Der erste Blick zum Mond zeigt natürlich das auffälligste Merkmal der Mondoberfläche: Helle Areale stehen im Wechsel mit dunkel erscheinenden Flächen. Diese dunkelgrauen Flecken bedecken etwa 30% der sichtbaren Mondseite und werden Meere (lat. Mare/Maria) genannt. Die Meere sind die Krater großer Meteoriteneinschläge, die mit Magma überflutet wurden, welches aus der durchschlagenen Mondkruste hervortrat. Die Färbung verursacht das erkaltete Gestein selbst: Es ist dunkle Basaltlava. Das Mare Imbrium (Regenmeer) ist mit 1300km Durchmesser die größte kreisrund erscheinende Lavaebene der Mondoberfläche. Bei Vollmond sind die Mondmeere im Gesamten sichtbar und es kann ein Versuch unternommen werden, möglichst viele von ihnen zu identifizieren. Die hellen, weißlichen Areale des Mondes nennt man dagegen Hochländer (lat. Terra/Terrae). Diese Gebiete sind die ursprüngliche alte Kruste des Mondes, die sich nach dem Erkalten der Oberfläche formte.

Zwei Zeichnungen des Vollmonds mit dem bloßen Auge. Das Strahlensystem von Tycho ist mit dem bloßen Auge als heller Fleck erkennbar.
Ebenso konnten Kopernikus und Kepler identifiziert werden. Lambert Spix, Kay Hempel Zwei Zeichnungen des Vollmonds mit dem bloßen Auge. Das Strahlensystem von Tycho ist mit dem bloßen Auge als heller Fleck erkennbar. Ebenso konnten Kopernikus und Kepler identifiziert werden. Lambert Spix, Kay Hempel

Heller Strahlenkranz

Der Süden des Mondes besteht aus einer besonders ausgedehnten Hochlandregion. Die grob dreieckige Struktur ragt als Terra Fertilitatis (Land der Fruchtbarkeit) und Terra Sanitatis (Land der Gesundheit) bis zur Mondmitte. Im südlichen Abschnitt des Hochlands befindet sich Tycho, ein vor etwa 100 Millionen Jahren entstandener Krater, der das hellste und ausgedehnteste Strahlensystem des Mondes zeigt. Dieses besteht aus hellem Gestein, das bei der Entstehung des Kraters ausgeworfen wurde. Hat sich das Auge an die Helligkeit des Mondes gewöhnt, ist es möglich, Helligkeitsunterschiede innerhalb der Hochländer zu erkennen. Das Strahlensystem von Tycho ist als kreisförmige Aufhellung gut zu sehen und der Krater so indirekt zu identifizieren.

Cassinis Weiße Wolke

Es ist sogar möglich, innerhalb des Strahlensystems Unterschiede in der Helligkeit zu entdecken. Nordöstlich von Tycho befindet sich ein leicht helleres Areal als das Strahlensystem selbst. Dort liegt "Cassinis Weiße Wolke" oder auch "Cassinis heller Fleck" (engl. Cassinis Bright Spot). Tatsächlich ist es der nur 5km große Krater Hell Q im sehr viel größeren Krater Deslandres mit einem extrem hellen Halo, der eine der hellsten Stellen der sichtbaren Mondseite darstellt. Die Bezeichnung Cassinis Weiße Wolke verdankt die Formation dem französischen Astronomen Giovanni Domenico Cassini, der bei Mondbeobachtungen im Herbst 1671 eine "helle weißliche Wolke" vermutlich an dieser Stelle bemerkte.

Noch genauer

Aber es geht noch genauer. Denn auch die beiden Krater Kopernikus und Kepler lassen sich anhand ihrer hellen Strahlenkränze erkennen – wenn auch schwieriger. Sie befinden sich etwa mittig im Oceanus Procellarum (Ozean der Stürme). Als Wegweiser kann das Montes Apenninus (Apenninengebirge) dienen, das bei hohem Sonnenstand, z. B. bei Vollmond, als helle Trennlinie zwischen dem Mare Serenitatis (Meer der Heiterkeit) und dem Mare Imbrium für das freie Auge sichtbar ist. Verlängert man die gebogene Linie des Gebirges nach Westen hin, stößt man zuerst auf den hellen Fleck des Kopernikus und danach auf die kleinere Aufhellung von Kepler. Herausfordernd ist die Sichtung von Aristarchus. Der nur 46km großer Krater beherbergt das hellste Material der sichtbaren Mondseite in seinem Kraterinneren. Am besten findet man den kleinen hellen Fleck im dunklen Oceanus Procellarum, wenn die Linie Kopernikus-Kepler in einem rechten Winkel nach Nordwesten hin verlängert wird.

Auch bei einem Blick mit dem bloßen Auge lohnt es sich, seine Beobachtungen zeichnerisch zu dokumentieren, um die eigenen Fortschritte festzuhalten. Das Auge wird mit der Zeit geschult, schwache Einzelheiten wahrzunehmen, sodass mit etwas Geduld unterschiedliche Mondlandschaften erkannt werden können, auch wenn die Mondscheibe nur etwa 0,5° groß am Himmel erscheint.

Autor: Lambert Spix / Lizenz: Oculum-Verlag GmbH